Zum 15. Male war ich nun der Moderator und „Casting Coordinator“ der EWF. In diesem Rahmen stelle ich im Spätjahr vor der Messe mit der Messeleitung das Wurfprogramm zusammen, habe da auch ein Vetorecht, spreche mit den Werfern die Themen ab, so dass jeder Akteur etwas anderes macht und tatsächlich die Assets des jeweiligen Werfers herausgearbeitet werden. Vor Ort moderiere ich das Programm, bin der Host am Pool, stelle gezielt Fragen und übersetze alle englischsprachigen Akteure parallel zur Demo.
Hier ist mein Arbeitsplatz, denn ich dann von 09:30 bis ca. 17:00 nicht verlasse. Deshalb habe ich die Messe auch nie aus der Besucherperspektive und in vollem Gange gesehen, sondern immer nur vor Messebeginn, oder kurz und nach den Demos. Danach bin ich aber regelmäßig platt, weil ich 8+ Stunden moderiert, übersetzt und koordiniert habe. Deshalb geht es nach dem Programm immer und schnell in das Hotel Post in FFB unter die kühle Dusche und mit ner Crememaske für ne 1/2 Stunde ins Bett auf einen Power Nap, denn ich habe auch in diesem Jahr wieder 2 Tage in vollem Sonnenlicht bei 20 – 25 Grad zugebracht und die UV-Strahlen nicht nur von oben sondern auch von unten, der Wasseroberfläche des Pools, bekommen. Lichtschutzfaktor 50, quasi Flüssigneopren, ist da Gesetz!
Warmer Tee, viel Wasser, ein paar Müsliriegel und der Rucksack mit Sonnenmilch und Regenkleidung stehen bereit. Das kleine Mischpult und die Sender sind gecheckt!
Eine sehr interessante Demo war die von Malik Mazbouri, der über den „Italian Style/TLT“ referierte. Dabei geht es im Wesentlichen um die Kontrolle des Leader/Tippet beim Fischen mit der Trockenfliege. Wie viele Stile entstand auch dieser in einem speziellen Habitat und zwar in Alpenregionen mit kleinen Fließgewässern, schneller Strömung und kleinen Driftstrecken. Es geht also darum mit wenig Raum zum Werfen die Trockenfliege gezielt in ruhigere Gewässerbereiche zu präsentieren und sie dort, trotz schneller Strömungen rundum, möglichst ungehindert treiben zu lassen.
Und das kann Malik! Wir kennen uns schon viele Jahre, ich habe viel von ihm gelernt, insbesondere für meine eigene Fischerei, und mit den kurzen Ruten von 7,6 Fuß in Klasse 3 und einer Vorfachlänge von bald 5 Metern legt er die Fliege derart gezielt in Bögen und Winkeln ab und das mit dem Approach „Fly First“, so dass es aussieht wie Zauberei! „Fly First“ meint, dass plötzlich die Fliege auf dem Wasser „erscheint“, bei Harry Potter würde man sagen „appariert“ und dann fällt erst langsam die Fliegenschnur samt Leader zu Wasser. Vorteil: die Fliege fischt schon da, wo sie soll, bevor die Strömung überhaupt die Chance hat die Schnur zu erfassen und die Fliege zu beeinflussen. Nach der Präsentation wird Schnur eingeschossen und gemendet um die Drift noch effektiver zu gestalten.
Interessantes Zusatzdetail ist, dass die Schnurhand dabei nicht nur die übliche Aufgabe wahrnimmt die Schnur zu beschleunigen! Speed machen die Kollegen tatsächlich mit der Rute, dabei ist es ein „underlined“ Setup, also eine #3 DT-F-Schnur und eine Rute, die zwar mit #3 gekennzeichnet ist, aber eher ein #4-5 Zahnstocher ist. Und die Schnurhand kontrolliert Slack, verkürzt Schnur in der Präsentation oder gibt Schnur ein, damit die Schlaufen kollabieren. Sehenswert und einer meiner Vorteile auf den EWFs, denn ich bin schon seit 15 Jahren so nah und lange an den Akteuren dran wie sonst keiner und lerne von den Kollegen, weil ich ihnen ein Loch in den Bauch frage! 😉
Und seit Jahren besitze ich auch eine 7,6 ft – 3wt „Italian Style“ von G.Loomis für genau diese Stilistik. Eine Kleinserie, die hergestellt wurde und nun heiß begehrt ist… 😉
Und die passende Rolle und Schnur: eine alte Loop-Traditional „Midge“, die noch in Schweden produziert wurde und eine #3 DT-F in Orange von Barrio.
Hier hat mir Malik noch das Tapering seiner TLT-Vorfächer geschickt… zum Nachbauen…
Al Peake, ein schottischer Kollege im türkisen Hemd, gab eine Zweihanddemo und sagte mir, dass er einen „zufällig ausgewählten Besucher“ aus dem Publikum auffordern wolle, dem er am Pool Zweihandunterricht geben wolle. Daraufhin entgegnete ich mit berechtigter Besorgnis: „ob das mal klappt mit dem Freiwilligen?“
Hat aber geklappt, denn an beiden Tagen war der zufällig ausgesuchte Messebesucher sein Zwillingsbruder William! ;-)))))) Bis auf die Frisur und die Brille sehen die beiden aus wie… Zwillinge! War amüsant.
Der Japaner Luong Tam, den ich schon 2023 kennen gelernt habe, gab eine interessante Demo zum Thema „Tenkara“. Absolut relevant an kleineren Gewässern auf kleinere Fische, denn die Art und Weise der Präsentation und die Fliegenkontrolle ist sensationell. Nur möchte ich damit nicht aus Versehen mal ne 55er Rainbow bei höherem Wasser haken… 😉 Haben die Kollegen in Japan aber auch nicht.
Eine lustige Begebenheit fand beim Übersetzen des Asiaten statt: Luong berichtete über Parameter, die seiner Ansicht nach beim Drill von Fischen relevant sind „Wate. p.essu., Cu..ent und F.iction“. Gut, Wasserdruck und Strömung habe ich ja gleich verstanden und übersetzt, aber was meint er mit „Fiction“ in diesem Zusammenhang???? Fiktion? Einbildung? Sinnestäuschung? Wahnvorstellung…?????
Der Groschen war kein Sturzbomber und 5 Sekunden später fiel es mir ein! Er meinte „Friction“, also Reibung… 😉
F.iction…. Schenkelklopfe.!
Mein alter Kollege Lasse Karlsson, Weltklassewerfer und mein Prüfer bei der Masterprüfung in 2008, hatte eine Demo mit dem Titel „Myth Busting“ und er wurde dem Titel gerecht!
Er räumte mit Vorurteilen und Meinungen auf, die landläufig in der Szene präsent sind. So warf er eine #3 butterweiche Glasrute und einen #8 Graphitstecken parallel in einer Hand mit ner identischen #5 Schnur, der MED 5 von SA, das ist die Cocmpetitionschnur schlechthin, aber das ist in diesem Zusammenhang nicht relevant! Es geht um eine Glaspeitsche, die er overlined und eine Latte die richtig underlined ist.
Man könnte jetzt meinem dass die Glasrute viel weitere Schlaufen und die #8er signifikant engere Schlaufen produzieren müsste, ne? Ist aber nicht so! Parallel in einer Hand geworfen bei identischen Schnurlängen warf Lasse annähernd die selbe Schlaufenform, nur der Counterflex bei der Glasrute war etwas stärker, tiefer. Das war’s! Letztlich ist alles eine Frage des Gefühls bei der Beschleunigung und wenn Du es kannst, kann man auch mit den seltsamsten Kombinationen werfen.
Das zweite Experiment waren 3 identische 590-4 Ruten, also Klasse 5, 9 Fuß. Die erste war korrekt bestückt mit der vorher genannten MED-5, die auf den ersten 10 Yards, fast AFFTA klassengerecht, ca. 10 Gramm hatte (Klasse 5 ist ca. 8,7 – 9,5 Gramm). Rute Nummer Zwo hatte einen Schusskopf mit 15 Gramm und Nummer Drei einen von 20 Gramm, also um jeweils 50 und 100% overlined! Was würde man auch da erwarten? Dass Rute 2 und 3 signifikant andere Schlaufenformen bei identischen Casting Stroke erzeugt, ne?
Drei Ruten mit zwei Haargummis zusammengebunden, Schnüre exakt auf Länge ausgelegt, geworfen und… kaum Unterschied, trotz 100% schwererer Schnur!
Auch da wieder ist die Badehose unschuldig wenn der Bauer nicht schwimmen kann… 😉
Wolfgang Pijawetz, der Bruder des Mitorganistators der Messe, Armin Pijawetz, ging auf die Angelei in seinen Habitaten ein, kleine Alpenflüsse in der Steiermark mit glasklarem, aber eher ruhigem Wasser und Wildfischen. Er legt Wert auf das Naturerlebnis. Erst mal beobachten, bevor man angelt, das Wasser vor einem beangeln und nicht schon bis zur Halskrause ins Wasser, leichte Rutenklassen (#2-3) mit langen und feinen Vorfächern & Tippets (0,10 – 0,12mm) und wenigen, aber passenden Fliegen, Stichwort Naturbeobachtung und Enthomologie.
Eine sehr informative Demo! Übersetzung unmöglich, er sprach steirischen Dialekt.
Katka Svarowa, mittlerweile ein Instagram Star mit zig 100 000en Followern, führte die Zuschauer ins Euro-Nymphing ein. Sie war leider etwas geknickt, dass wir nicht an den Amper-Kanal mit Strömung gehen konnten! Der wurde leider vom örtlichen Angelverein erstmals gesperrt! Im Hintergrund sieht man das Flatterband und das Schild…
Katka mache die Sache trotzdem gut, stapfte barfuß durch den Pond und hatte ein paar Luftballons platziert, um verschiedene Präsentationstechniken zu zeigen. Gut, es geht hierbei nicht mehr darum, dass der Werfer mittels Fliegenschnur eine fast schwerelose Fliege transportiert und manipuliert.
Das Setup ist komplett Monofil von der Rolle bis zur schweren Jignymphe und geworfen wird mittels Gewicht des Wolframkopfes der Point Fly. Sehr effektiv, weil man Gewässer in Scheiben schneidet
Kann man machen…
An beiden Tagen gaben auch zwei Herren jeweils eine Demo, die ich nicht übersetzten musste. Das war echt lustig, sie machten zusammen eine komplett improvisierte Demo und präsentieren dabei ihr gerade erschienenes Buch „Line Poetry – Spey Casting mit der Einhandrute“, welches sehr interessant ist und mit viel Leidenschaft geschrieben wurde…
Muss man kaufen, kann man nicht anders! 😉
Hier sieht man ein paar Seiten des Buches:
Das war beileibe nicht das ganze Casting Programm der EWF, aber der Artikel ist schon lang genug!
Falls Du mal die Zeit hast bei der EWF vorbeizuschauen kann ich nur sagen, dass es lohnenswert ist. Sie ist mittlerweile Europas größte Fachmesse für die Fliegenfischerei mit im Schnitt 4000 Besuchern am Messewochenende. Und in 2025 bin ich sicherlich auch wieder mit dabei!
Bild 3 und Bilder 5- 12 sind von Rudy van Duijnhoven. Danke Rudy, wie jedes Jahr!